Die NIS 2-Richtlinie

Ein detaillierter Überblick

Die NIS 2-Richtlinie (Network and Information Security Directive II) stellt einen bedeutenden Fortschritt der Europäischen Union in den Bereichen Cybersicherheit und Informationssicherheit dar. Als Nachfolgerin der ursprünglichen NIS-Richtlinie erweitert NIS 2 den Anwendungsbereich und verschärft die Anforderungen für Unternehmen und Organisationen in kritischen Sektoren. Ziel ist es, die Cybersicherheit und Informationssicherheit in der EU zu stärken und zu vereinheitlichen. Das NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz spielt hierbei eine zentrale Rolle, da es die rechtliche Umsetzung der NIS 2-Richtlinie in Deutschland regelt und die Cybersicherheit für eine Vielzahl von Unternehmen und kritischen Infrastrukturen stärkt.

Die NIS 2-Richtlinie verfolgt das Ziel, das Sicherheitsniveau in der EU zu erhöhen und verschiedene Sektoren gezielt zu regulieren.
Inhalt

Zeitplan und Umsetzung

Die Richtlinie trat im Januar 2023 in Kraft und sollte bis spätestens 17. Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt werden.
Wegen der vorgezogenen Wahlen konnte der parlamentarische Prozess zum NIS-2-Umsetzungsgesetz (NIS2UmsuCG) jedoch nicht abgeschlossen werden.
Da das nationale Umsetzungsgesetz noch nicht verabschiedet wurde, kann das BSI derzeit keine präzisen Aussagen zu möglichen daraus resultierenden Pflichten machen. Die NIS 2 Umsetzung ist dennoch für viele Unternehmen von großer Bedeutung, da aktuelle gesetzliche Pflichten für bestimmte kritische Infrastrukturen entstehen werden und die effektive Umsetzung der NIS-2-Richtlinie vordringlich ist.
Hauptziele und Schwerpunkte
Erweiterter Anwendungsbereich
NIS 2 erfasst viele weitere Sektoren und Unternehmen als die Vorgängerversion, einschließlich mittelgroßer Firmen in kritischen Bereichen, die ihre Informationssicherheit verbessern müssen.
Risikomanagement
Unternehmen sind verpflichtet, umfassende Prozesse zur Identifikation, Bewertung und Reduktion von Cyber- und Informationssicherheitsrisiken einzuführen.
Vorfallmeldung
Die Richtlinie führt klare Vorgaben zur Meldung von Cybervorfällen ein, wobei der Fokus auf einer schnellen und detaillierten Kommunikation mit den nationalen Behörden liegt.
Lieferkettensicherheit
Die Absicherung von Lieferketten gegen Cyberbedrohungen sowie die Sicherstellung der Informationssicherheit über die gesamte Lieferkette hinweg wird ausdrücklich betont.
Cybersicherheitsschulungen
Regelmäßige Schulungen und Sensibilisierungsprogramme für Mitarbeiter und Führungskräfte zu den Themen Informations- und Cybersicherheit sind verpflichtend.
Unternehmensverantwortung
Das Management muss Cybersicherheits- und Informationssicherheitsmaßnahmen überwachen, genehmigen und aktiv daran mitwirken.

Kategorisierung der betroffenen Unternehmen

Die Richtlinie unterscheidet zwei Kategorien von Unternehmen:

Wesentliche Einrichtungen: Dazu gehören Sektoren wie Energie, Verkehr, Gesundheit, Wasser, Weltraum, öffentliche Verwaltung sowie digitale Infrastruktur und der Finanzmarkt, die besonders hohe Anforderungen an die Informationssicherheit erfüllen müssen.
Wichtige Einrichtungen: Hierzu zählen Postdienste, Fertigung und Lebensmittelproduktion, die ebenfalls strenge Anforderungen an ihre Informationssicherheit haben.
Beide Kategorien unterliegen hohen Sicherheitsanforderungen, wobei wesentliche Einrichtungen intensiver überwacht werden.
Kernaspekte der Umsetzung
Risikomanagement und Sicherheitsmaßnahmen
Unternehmen müssen eine umfassende Risikoanalyse durchführen und maßgeschneiderte Sicherheitsstrategien entwickeln, um ihre Cybersicherheit und Informationssicherheit zu gewährleisten. Es ist wichtig zu beachten, dass bestehende Sicherheitsstandards wie der IT-Grundschutz möglicherweise nicht alle Anforderungen der NIS 2-Richtlinie abdecken.
Business Continuity und Disaster Recovery
Ein Plan zur Geschäftskontinuität und zur Wiederherstellung nach Katastrophen muss erstellt werden, basierend auf Risiko- und Geschäftsauswirkungsanalysen, um Informationssicherheitsrisiken zu minimieren.
Asset Management
Unternehmen sind verpflichtet, ein aktuelles Inventar aller Vermögenswerte zu führen und ein Klassifizierungssystem für deren Handhabung zu etablieren, das die Informationssicherheit berücksichtigt.
Incident Response Plan
Ein robuster Plan zur Reaktion auf Sicherheitsvorfälle im Bereich Informationssicherheit ist unerlässlich.
Kontinuierliche Verbesserung
Sicherheitsmaßnahmen müssen kontinuierlich überwacht und an neue Bedrohungen angepasst werden.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Die Umsetzung der NIS 2-Richtlinie bringt zahlreiche Herausforderungen für die Mitgliedstaaten und Unternehmen mit sich:
  • Rechtliche Anpassungen
    Nationale Gesetze müssen angepasst werden, was zu Abweichungen zwischen den Ländern führen kann, besonders im Bereich der Informationssicherheit.
  • Sektorale Abweichungen
    Einige Länder haben bestimmte Sektoren ausgeschlossen oder zusätzliche Sektoren aufgenommen, was die Umsetzung erschwert und die Vereinheitlichung von Informationssicherheitsstandards behindert.
  • Compliance-Fristen
    Unternehmen müssen strenge Fristen zur Umsetzung der Anforderungen im Bereich Informationssicherheit und Cybersicherheit einhalten.
  • Ressourcenallokation
    Die Einführung erforderlicher Sicherheitsmaßnahmen erfordert oft erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen, insbesondere im Bereich der Informationssicherheit.
Auswirkungen und Vorteile
Stärkung der Cybersicherheit und Informationssicherheit
Die Umsetzung der NIS 2-Richtlinie soll die Widerstandsfähigkeit gegen Cyberangriffe und die Verbesserung der Informationssicherheit in der EU deutlich fördern. Dabei spielt die IT-Sicherheit eine zentrale Rolle, um den neuen regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden und die Cyberresilienz zu erhöhen.
Harmonisierung
Die Richtlinie zielt darauf ab, Cybersicherheits- und Informationssicherheitsstandards in der gesamten EU zu vereinheitlichen.
Informationsaustausch
Eine verstärkte Zusammenarbeit und ein besserer Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten wird gefördert, vor allem im Bereich der Informationssicherheit.
Stärkung der Lieferkette
Durch den Fokus auf Lieferkettensicherheit und Informationssicherheit soll die gesamte Cybersicherheitslandschaft verbessert werden.
Die NIS 2-Richtlinie ist ein wichtiger Schritt in der europäischen Cybersicherheitsstrategie. Unternehmen und Organisationen in kritischen Sektoren müssen ihre Sicherheitsmaßnahmen und -prozesse umfassend überprüfen und anpassen, insbesondere in Bezug auf Informationssicherheit. Trotz der Herausforderungen bietet die Richtlinie die Möglichkeit, die Cyberresilienz und Informationssicherheit in der EU deutlich zu stärken und einheitliche Sicherheitsstandards zu schaffen. Die verbleibende Zeit bis zur vollständigen Umsetzung sollte genutzt werden, um Systeme und Prozesse sorgfältig auf die Anforderungen der NIS 2-Richtlinie auszurichten.
Cybersicherheitsgesetzgebung in der EU

NIS 2, CRA und CSA im Überblick

Die EU hat in den letzten Jahren mehrere bedeutende Gesetze zur Förderung der Cybersicherheit verabschiedet. Drei wichtige Regelwerke sind die NIS 2-Richtlinie, der Cyber Resilience Act (CRA) und der Cybersecurity Act (CSA). Die NIS 2-Richtlinie ist der Nachfolger der ursprünglichen NIS-Richtlinie von 2016 und zielt darauf ab, die Cybersicherheit in kritischen Bereichen wie Energie, Verkehr, Banken, Gesundheit und digitaler Infrastruktur zu verbessern. Sie verpflichtet Unternehmen zu strengen Sicherheitsmaßnahmen, zur Meldung von Cybervorfällen und zur Nutzung zertifizierter IKT-Produkte, -Dienste und -Prozesse. Diese Maßnahmen betonen die Verantwortung und Haftung auf Führungsebene.
Die NIS 2-Richtlinie betrifft auch viele wichtige Einrichtungen, einschließlich großer und mittelständischer Unternehmen in verschiedenen Sektoren, die spezifischen regulatorischen Anforderungen unterliegen.
Der Cyber Resilience Act (CRA) konzentriert sich auf die Cybersicherheit von vernetzten Produkten, einschließlich des Internets der Dinge (IoT), Hardware- und Software-Produkten. Ziel ist es, einheitliche Cybersicherheitsanforderungen für Hersteller einzuführen und die Produktkonformität durch eine CE-Kennzeichnung zu gewährleisten, die durch Zertifikate nach dem Cybersecurity Act ergänzt werden kann. Artikel 27 des CRA bestimmt, dass Produkte mit einer EU-Konformitätserklärung oder einem entsprechenden Zertifikat den CRA-Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus kann die EU-Kommission von kritischen Produkten eine Zertifizierung mit einer „substanziellen“ Vertrauenswürdigkeit verlangen.
Der Cybersecurity Act (CSA) schafft einen Rahmen für EU-weite Cybersicherheitszertifizierungen und stärkt die Rolle der EU-Agentur für Cybersicherheit (ENISA). Er gilt für IKT-Produkte, -Dienste und -Prozesse und umfasst sowohl freiwillige als auch verpflichtende Zertifizierungen. Die Hauptziele sind das Vertrauen in zertifizierte Produkte und die Etablierung eines EU-weiten Sicherheitsstandards. Die Zertifizierungssysteme nach dem CSA unterstützen die Umsetzung von NIS 2 und CRA, indem sie die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen bestätigen. Während NIS 2 auf organisatorische Sicherheitsmaßnahmen in kritischen Sektoren fokussiert ist und der CRA die Sicherheit digitaler Produkte regelt, ist der CSA ein zentrales Instrument zur Zertifizierung beider Regelwerke.
Zusammen bilden NIS 2, CRA und CSA ein umfassendes Regelwerk zur Stärkung der Cybersicherheit in der EU. Unternehmen sollten alle drei Vorschriften berücksichtigen, um einen ganzheitlichen Ansatz zur Cybersicherheit umzusetzen.

Umsetzung der NIS-2-Richtlinie in Deutschland

Die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie in Deutschland ist entscheidend für die Verbesserung der Cybersicherheit in der gesamten EU. Diese Richtlinie legt strengere Sicherheitsanforderungen und Meldepflichten für Betreiber wesentlicher und digitaler Dienste fest, um Unternehmen besser auf Cyberbedrohungen vorzubereiten und ihre digitalen Infrastrukturen zu schützen. Dies ist besonders wichtig, da die digitale Resilienz in einer zunehmend vernetzten Welt entscheidend ist.

Aktueller Stand

Der Entwurf des NIS-2-Umsetzungsgesetzes liegt bereits vor, aber er wurde noch nicht verabschiedet. Die Verzögerungen sind zum Teil durch die vorgezogenen Wahlen verursacht worden, die den parlamentarischen Prozess unterbrochen haben. Es ist wichtig, kontinuierlich Informationen über den Fortschritt und die Anforderungen des NIS-2-Umsetzungsgesetzes bereitzustellen. Dennoch bleibt die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie eine vorrangige Aufgabe, um die Cybersicherheit in Deutschland zu stärken und den EU-Vorgaben gerecht zu werden.

Pflichten von Betreibern und Einrichtungen

Betreiber kritischer Anlagen und wichtiger Einrichtungen müssen ein umfassendes Risikomanagement etablieren, um die Sicherheit ihrer Systeme und Daten zu gewährleisten. Sie sind verpflichtet, Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu mindern, die durch Cyberbedrohungen entstehen können. Zudem müssen sie Maßnahmen zur Vorbereitung auf Cybervorfälle ergreifen, um die Auswirkungen von Angriffen zu minimieren und die Kontinuität ihrer Dienste sicherzustellen.

Maßnahmen zur Vorbereitung

Zur Vorbereitung auf Cyberangriffe müssen Betreiber spezifische Sicherheitsmaßnahmen wie Firewalls und Intrusion-Detection-Systeme implementieren, Penetrationstests durchführen und Notfallpläne erstellen, die bei einem Cyberangriff aktiviert werden können. Auch die Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter ist entscheidend, um sicherzustellen, dass sie im Falle eines Vorfalls effektiv reagieren können.
Durch die Erfüllung dieser Pflichten tragen Betreiber maßgeblich dazu bei, das Cybersicherheitsniveau in Deutschland zu erhöhen und den Anforderungen der NIS-2-Richtlinie gerecht zu werden.